Immer wieder erlebe ich in meiner Praxis Klient_innen, die von überfallsartigen Durchfall- oder Übelkeitsattacken berichten, die schulmedizinisch nicht erklärbar sind. Die körperlichen Beschwerden sind oft mit Angst- oder Panikgefühlen gekoppelt und der Idee, irgendetwas Schreckliches müsste der Symptomatik zugrunde liegen.
Der Leidensweg dieser Klient_innen ist oft lang und beschwerlich. Manchmal findet ein regelrechtes „Doctor Shopping“ statt, also das Pilgern von einem Arzt zum anderen, bis alle somatischen Diagnosemöglichkeiten ausgeschöpft sind und letztlich der Besuch bei einer Psychotherapeutin empfohlen wird.
In der Psychotherapie geht es daher zunächst um das Herstellen von Erklärungsmodellen. Wann genau wird jemandem übel? In welchen Situationen beginnt der Darm zu krampfen? Meist stellt sich heraus, dass es meist durchaus gute Gründe für die körperlichen Reaktionen gab – irgendetwas war wirklich „zum Kotzen“ oder zum „in die Hose machen“. Auch wird versucht, Angst und Körperreaktion zu entkoppeln – oft ist die Angst eine natürliche Folgereaktion der körperlichen Symptomatik. Die Panik, nicht rechtzeitig eine Toilette aufsuchen zu können oder sich in der Öffentlichkeit übergeben zu müssen wird dann irgendwann übermächtig und entwickelt eine Art Eigenleben. Angst erzeugt wiederum „ein flaues Gefühl im Bauch“ und der Kreislauf schließt sich.
Paradoxerweise sind es oft gerade Klient_innen mit gastrologischen Symptomen, die eigentlich ein „besonders gutes Bauchgefühl“ haben. Unbewusst nehmen sie Konflikte oder Spannungen im außen viel früher und deutlicher wahr, als andere. Die Bewusstmachung unangenehmer Situationen und das Erlernen neuer, bekömmlicher Bewältigungsstrategien steht daher im Zentrum einer Psychotherapie. Parallel dazu geht es um das Erlernen aktiver Beruhigungs- und Entspannungstechniken (zum Beispiel das Imaginieren eines „stillen Ortes“).